Julia Lenart

Das Museumsquartier

Als Zentrum Moderner Kunst in Wien kann man im Museumsquartier einige der bedeutendsten Werke moderner Kunst bewundern. Die Anlage entstand ursprünglich als kaiserliche Hofstallung. Erst im späten 20. Jahrhundert fand das Museumsquartier zu seiner heutigen Berufung.

Die Stallungen der Habsburger

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts brauchte der Habsburger Kaiser Karl VI eine neue Unterkunft für die kaiserlichen Pferde. Er beschloss, auf Teilen der Fläche des Glacis vor den Burgmauern Wiens kaiserliche Hofstallungen zu errichten. Das Glacis war eine breite Ödland-Fläche vor den Stadttoren, die zur Verteidigung der Stadt beziehungsweise für Kämpfe vor den Stadtmauern Wiens diente.

Den Auftrag für den Bau der Hofstallungen erhielt der Baumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach. Die Bauarbeiten begannen noch 1713. Sie wurden erst zwölf Jahre später (unter der Bauleitung des von Erlachs Sohn) beendet. Die Ausmaße des Gebäudekomplexes waren schon in der damaligen Zeit gigantisch: rund 600 Pferde und 200 Wägen fanden in den neuen Stallungen Platz. Folglich wurden die Hofställe in ganz Europa für ihre Größe und ihre architektonische Schönheit bewundert. Noch heute erinnern steinerne Pferdeköpfe an den Eingangspforten zum Museumsquartier an seinen ursprünglichen Gebrauch.

Die Pferdeköpfe an den Durchgängen erinnern an die kaiserlichen Hofställe

Umbauten im 19. Jahrhundert

Viele Jahrzehnte lang dienten die Hofställe einzig und allein der Unterbringung der kaiserlichen Pferde. Es fanden (besonders ab dem 19. Jahrhundert) immer wieder Umbauten und Erweiterungen statt.

Während der Napoleonischen Kriege verwendeten französische Truppen die Gebäude als Gefechtsstand, um von hier aus die Stadt angreifen zu können. In den heftigen Gefechten wurden die Hofställe teilweise stark beschädigt; 1829 waren Renovierungsarbeiten notwendig geworden. Diese boten Anlass für diverse bauliche Erweiterungen.

Kaiser Franz Joseph I ließ in den 1850er Jahren eine Winterreitschule in der Mitte der Hofställe errichten (heute finden sich hier die beiden Kunsthallen E und G). Die folgenden Jahrzehnte brachten weitere Erweiterungen mit sich; unter anderen veranlasste Kaiserin Elisabeth 1874 den Bau einer weiteren Reithalle.

 

Wandel nach Ende der Monarchie

Nachdem der Erste Weltkrieg verloren und die Monarchie untergegangen war, fand man für die Reitställe keine Verwendung mehr. Die neu entstandene Republik hatte kein Interesse an den Stallungen und versteigerte den Großteil der Bestände. Die Gebäude selbst blieben erhalten, vorerst allerdings ohne Nutzen. Bald fragte suchte man nach einer sinnvollen Nutzungsmöglichkeit des leerstehenden Gebäudekomplexes. Wo einst kaiserliche Pferde umhertrabten, war jetzt gähnende Leere. Die nächstliegende Verwendung während der aufstrebenden 1920er Jahre war, aus den Ställen ein Messeareal zu machen. Nach kleineren Umbauarbeiten wurde bereits 1921 der Messepalasteröffnet. Hier fanden regelmäßig große Kunstmessen und Ausstellungen statt, was in den folgenden Jahrzehnten großen Zuspruch von Seiten der Bevölkerung einbrachte.

Unter dem nationalsozialistischen Regime wurde das Messeareal für propagandistische Zwecke genutzt. So wurden hier neben diversen Veranstaltungen des Regimes auch große Ausstellungen „völkischer“ Kunst präsentiert. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Messeareal zwar erhalten, allerdings war der Glanz der 20er-Jahre verloren gegangen.

Kulturforum und Museumsquartier

Das Leopoldmuseum

In den 1980er-Jahren wollte man das Messegelände wiederbeleben, nachdem bekannt wurde, dass die Kunstmesse den Gebäudekomplex verlassen würde. Es sprach sich unter anderen die Idee eines Kulturforums herum, die vorerst keine Durchführung finden sollte. Zunächst boten die ehemaligen Hofställe den Wiener Festwochen1985 erstmals Unterkunft.

Die Nachfolge der Messe, vor allem die Art der Nutzung, warfen einige Fragen auf. Es kam zu teilweise heftigen Meinungsverschiedenheiten zwischen BürgerInnen, KünstlerInnen und PolitikerInnen, bezüglich der gerechten Neugestaltung und Nutzung des Areals. Die ersten Umbauvorschläge (nach einem international ausgeschriebenen Architekturwettbewerb) wurden erst nach langen Diskussionen und Überarbeitungen umgesetzt. Erst 1998 konnte der Umbau beginnen und drei Jahre später fertiggestellt werden. 2001 wurde das neu geschaffene Museumsquartier feierlich eröffnet. Damals durfte es sich zu den größten Museumseinrichtungen seiner Art in Europa zählen.

Das MUMOK

Die Einrichtungen

Das Museumsquartier widmet sich in erster Linie moderner und zeitgenössischer Kunst. In diversen Räumlichkeiten finden Ausstellungen, Tanzperformances, Konzerte und Theatervorstellungen statt.

Eines der größten Museen im Museumsquartier ist das Leopold Museum. In dem weißen Quader an der Ostseite des Museumsquartieres befindet sich die Sammlung des Kunstsammler-Ehepaares Leopold. Diese beinhaltet einen reichen Bestand an Bildern der Wiener Sezessionisten: Schiele, Klimt, Kokoschka und viele mehr.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Komplexes befindet sich das MUMOK (Museum Moderner Kunst). Dieser faszinierende schwarze Kasten bietet stets wechselnden Ausstellungen Moderner Kunst Raum. Den Kern des Museums stellt die Sammlung Ludwig dar. Sie geht auf das Museum des 20. Jahrhunderts zurück, welches sich ab den 1960er Jahren beim Belvedere befand und die gesammelten Werke des Sammlerehepaares Ludwig beinhaltet.

In diversen Kleinausstellungen werden laufend Kunstprojekte gezeigt

Zwischen den beiden Museen befindet sich die Kunsthalle, die regelmäßig moderne Kunstausstellungen zeigt. Diverse Bühnen bieten auch Raum für Aufführungen und Performances aller Art. Neben diesen drei großen Institutionen, gibt Einrichtungen wie das Tanzquartier oder das Architekturzentrum, die diverse Kunstprojekte gestalten. In den Passagen des Museumsquartieres werden stets kleinere Kunstprojekte ausgestellt.

Das Museumsquartier bietet Platz für buntes Treiben in den diversen Cafés, Shops und Ausstellungsräumen. Der perfekte Ort, um Wien von einer anderen Seite kennen zu lernen.


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