Julia Lenart

Der Stephansdom

Der Stephansdom ist eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Wiens. Der im Volksmund liebevoll „Steffl“ genannte Dom ist Sitz der Erzdiözese Wien und stellt somit ein wichtiges Zentrum der katholischen Kirchengemeinde dar. Seine bewegte Geschichte geht bis ins Mittelalter zurück.

Von den Römern bis zur Grundsteinlegung

Am heutigen Stephansplatz befand sich in der Römerzeit das Legionslager Vindobona. Bereits ab dem vierten Jahrhundert diente der Ort als Grabstätte.

Nord-West-Ansicht des Stephansdomes

Die offizielle Geschichte des Doms beginnt jedoch erst im Jahre 1137 mit dem Tauschvertrag von Mauten. Dieser besiegelte den Austausch von Gütern und Pfarrrechten zwischen Markgraf Leopold IV und Bischof Reginar von Passau. Reginar erwirkte das Recht, vor den damaligen Stadtmauern eine Kirche zu errichten und diese dem Heiligen Stephanus zu weihen. Die Wahl des Patroziniums (des Schutzheiligen) war ein politisches Signal des Bischofs; alle Kirchen in Wien waren bis dahin nach Salzburger Heiligen benannt, der Heilige Stephanus war jedoch der Schutzheilige von Passau. 1147 wurde die Kirche fertiggestellt und geweiht.

Ständige Erweiterungen im Mittelalter

Das Riesentor inmitten der beiden Heidentürme

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden Erweiterungen im spätromantischen Stil hinzugefügt. Noch heute sind an der Westfassade die beiden Heidentürme und das Riesentor – welches noch immer den Haupteingang darstellt – erhalten. Ihren Namen haben die Heidentürme vermutlich von heidnischen Fruchtbarkeitssymbolen, die noch heute an ihrer Außenfassade zu sehen sind. Mehrere Brände zerstörten im 13. Jahrhundert Teile der Kirche und machten ständige Renovierungsarbeiten notwendig.

Der Beginn des 14. Jahrhunderts leitete die gotische Bauzeit unter den Habsburgern ein. Albrecht I und Albrecht II ließen den Chor vergrößern (noch heute heißt er Albertinischer Chor). In dieser Zeit wurde die erste Orgel eingebaut, welche aber nicht mehr erhalten ist.

Rudolf IV („Der Stifter“) tat sich als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Stephansdoms hervor. Er ließ 1359 den Grundstein für den Südturm legen, der bei seiner Fertigstellung im Jahre 1433 mit einer Höhe von 136 Metern der höchste Turm Europas war. Außerdem ließ Rudolf IV das Domkapitel von der Allerheiligenkapelle in der Hofburg zur Kirche St. Stephan verlegen. Damit wurde die Kirche zum Dom und erhielt zusätzlich das Allerheiligen-Patronizium. Auch die berühmte Herzogsgruft wurde von Rudolf IV in Auftrag gegeben.

Barocke Umbauten, Zerstörungen und Wiederaufbau

Die zweite Türkenbelagerung (1683) brachte dem Stephansdom einigen Schaden. Die Kanonenkugeln der Türken, die während der Belagerung den Dom zerstört hatten, dienten als Material für die neue Glocke – die Pummerin.

Im Barockzeitalter wurde ein Großteil des Dominnenraumes neugestaltet, weshalb der eigentlich gotische Dom viele barocke Elemente beherbergt. Ein Beispiel ist etwa der Hochaltar, der die Steinigung des Heiligen Stephanus zeigt.

Der barocke Hochaltar

Im Rahmen der Befreiung Wiens im Frühjahr 1945 brannten sowohl der Dachstuhl des Hauptschiffes als auch der Südturm völlig aus. Die Pummerin stürzte ab und zerschellte am Boden. Die Orgel wurde vom herabstürzenden Dachgebälk zerstört. Gleich nach Ende des Krieges wurde mit dem Wiederaufbau unter dem Motto „Jeder Österreicher spendet einen Schilling für den Steffl“ begonnen. In einer großen Werbeaktion wurde der sogenannte Stephansgroschen vorgestellt, der für nur einen Schilling erhältlich war und einen Teil der Renovierungsarbeiten finanzierte. Zusätzlich beteiligten sich die neun Bundesländer mit Spenden. Daran erinnert folgende Inschrift:

„Die dich in dieses Gotteshaus ruft, die Glocke, spendete das Land Oberösterreich; Das dir den Dom erschließt, das Tor, das Land Steiermark; Der deinen Schritt trägt, den Steinboden, das Land Niederösterreich; In der du betend kniest, die Bank; das Land Vorarlberg; Durch die das Himmelslicht quillt, die Fenster, das Land Tirol; Die in friedlicher Helle erstrahlen, die Kronleuchter, das Land Kärnten; An der du den Leib des Herrn empfängst, die Kommunionbank, das Burgenland; Vor dem die Seele sich in Andacht neigt, das Tabernakel, das Land Salzburg; Das die heiligste Stätte des Landes behüte, das Dach, spendete im Verein mit vielen hilfreichen Händen die Stadt Wien.“

1952 wurde der Stephansdom mit dem Einzug der neugegossenen Pummerin wiedereröffnet.

Reichhaltige Symbolik

Der Haupteingang (Riesentor) ist einer der ältesten erhaltenen Teile der Außenfassade. Zu seiner Linken (an der Nordfassade) befindet sich das Bischofstor, durch welches ursprünglich Bischöfe und Frauen in die Kirche gelangten. Auf der gegenüberliegenden Seite (an der Südfassade) befindet sich das Sängertor, welches den Eingang für die Sänger des Chores und für Männer darstellte.

Der „Leo“ an der Nordseite des Domes

Neben dem Haupttor finden sich zwei in die Mauer eingelassene Metallstäbe – die Tuch- und Leinenelle. Diese dienten den Händlern als Maß für eine Elle (heute etwa 78 cm), um Betrug zu vermeiden.

An der Rückseite des Stephansdomes liegt das Adlertormit dem berühmten Asylring, auch Leo bezeichnet. Diese Erfindung geht auf Herzog Leopold den Glorreichen zurück; politisch Verfolgte konnten sich bei Berührung des Asylringes unter dem Schutz der Kirche wähnen. Daher kommt die Redewendung „im Leo sein“, was soviel heißt, wie sicher zu sein.

Im Inneren des Domes befinden sich zahlreiche Epitaphe, Kapellen und Gedenkstätten; alle zu nennen würde das Ausmaß dieses Artikels erschöpfen. Am besten machen Sie sich selbst ein Bild bei einem Besuch im Steffl.


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