Gerry Weichselbaum

Österreichische Küche – Fleckerl: Kraut & Schinken

Bei Krautfleckerln werden bei mir Kindheitserinnerungen wach: Wenn ich an Besuche bei meiner Oma selig denke, ist das meist mit dem typischen Geruch nach geröstetem, leicht süßlichem Weißkraut verbunden.

Ich muss aber zugeben, dass ich dieses typische Gericht der böhmisch-österreichischen Küche als Kind gar nicht so sehr mochte. Da war ich eher im Team „Spaghetti Bolognese“ zu finden. Erst im reiferen Erwachsenenalter lernte ich diese Spezialität so richtig zu schätzen. Da Krautfleckerln auch relativ rasch und einfach selbst herzustellen sind, und andererseits auf den Speisekarten der Wiener Gasthäuser immer seltener zu finden sind, koche ich mir diese deftige Leckerei ab und zu auch selbst. Und es ist wahrlich kein Hexenwerk:

Das Weißkraut putzen, vierteln und den Strunk entfernen. Die Krautviertel ein paar Maldurchschneiden. Flach auf das Schneidbrett drücken und in kleine Stücke (am besten in der Größe der Fleckerl) schneiden. Die Zwiebel klein hacken. Die Fleckerl (kleine quadratische Pasta-Stücke) in reichlich Salzwasser laut Packungsangabe al dente kochen. Die Butter in einem großen Topf erhitzen. Die Zwiebel darin anschwitzen. Den Zucker darüber streuen und leicht karamellisieren lassen. Aber Vorsicht: Der Karamell darf nicht zu dunkel werden, sonst schmeckt er bitter.

Das Kraut unter die Zwiebeln mengen. Durchrösten. Mit Suppe aufgießen. Mit Salz, Pfeffer und frisch gemahlenem Kümmel würzen. Zugedeckt weich dünsten. Falls nötig, noch etwas Suppe oder Wasser nachgießen. Die Fleckerl mit dem Kraut gut vermengen und abschmecken. Dazu passt ein grüner Salat als Beilage.

Eine ebenfalls sehr beliebte und einfache Variante davon sind die Schinkenfleckerln. Erstmals wurden die mit Schinken vermengten Fleckerl Mitte des 18. Jahrhunderts erwähnt. Als wichtigste Zutat gelten in jedem Fall gekochte Teigwaren, die sogenannten Fleckerln. Weitere Zutaten, etwa angeschwitzte Zwiebeln, geschnittener Schinken, Geselchtes oder andere Schinkensorten sowie diverse Gewürze, hängen von der jeweiligen Variante ab.

Für klassisch überbackene Schinkenfleckerl werden die Fleckerl bissfest gekocht und mit gewürfeltem Geselchtem (Teilsames), Eidotter und Sauerrahm oder Béchamel in einer Schüssel vermischt und mit Muskat abgeschmeckt, danach wird vorsichtig steifgeschlagener Eischnee untergehoben. Die Masse wird in eine mit Butter bestrichene sowie mit Semmelbröseln bestreute Auflaufform gefüllt, glattgestrichen und im Backrohr gebacken. Nur so wird das Volumen der Masse beim Überbacken vergrößert und ergibt lockere Schinkenfleckerl, ähnlich wie bei einem Kuchen, da der steifgeschlagene Schnee wie ein Triebmittel wirkt. In manchen Restaurants werden die Schinkenfleckerl noch mit Käse überbacken und mit Schnittlauch bestreut, was jedoch die vorhandenen feinen Aromen eher zudeckt und vergröbert. Serviert wird eine Portion mitunter in einer Pfanne auf einem Holzuntersetzer, begleitet von einem Blattsalat.


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