Lenka S.

Studium Polens in Theorie und Praxis

2012 wird in Regensburg der neue double-degree-Bachelor Deutsch-Polnische Studien angeboten, der neben interessanten Modulen ein ganzes Studienjahr im Ausland bietet. Was gibt es da noch zu überlegen? dachte ich mir und wurde eine von  vier Studierenden des ersten Jahrgangs.

Nach dem Austausch in der 10. Klasse und nach meinem Abitur galt es eine wichtige Wahl zu treffen: Was studieren? Ich zögerte nicht lange und meldete mich in Regensburg für „Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft“ sowie „Italienische“ und „Polnische Philologie“ in den Nebenfächern an. Letzteres deshalb, da ich neugierig war auf das Land meiner Austauschfamilie, und ein Land, eine Kultur lernt man eben erst richtig über die Sprache kennen.

Wirklich konzentrieren konnte ich mich auf Polnisch damals allerdings nicht, denn gleichzeitig lernte ich noch Italienisch und Koreanisch. Drei absolut verschiedene Sprachen, die ich bewusst ausgewählt hatte, um sie nicht durcheinander zu bringen. Wie mir vermutlich jeder Fremdsprachenlernende bestätigen kann, handelt es sich hierbei nur um eine Wunschvorstellung. Das Gehirn macht, was es will: Suchte ich ein Wort auf Italienisch, fand ich es ganz bestimmt im Koreanischen oder Polnischen, aber nicht in der Zielsprache.

Neben diesem Sprachen-Wirrwarr lernte ich in Vorlesungen und Seminaren auch etwas zur polnischen Geschichte und Kultur. Diese ersten Grundinformationen brachten mich Mitte des zweiten Semesters dazu, den Studiengang zu wechseln, und zwar zu den neu gegründeten „Deutsch-Polnischen Studien“. Es klang super interessant und vielversprechend (und war es dann auch): Module zu polnischer Sprache, Kultur, Geschichte, Literatur, aber auch zu Medien und zu Projektmanagement „all inklusive“. Theorie und Praxis. Das Beste nämlich ist, dass das zweite Studienjahr in Polen, in Łódź, verbracht wird. Ein Jahr, das zu einem der besten meines bisherigen Lebens werden sollte.

Mit den anderen 75 % meines Studiengangs wohnte ich in einem privaten Wohnheim. Was anfangs und vor allem im Internet noch vielversprechend ausgesehen hatte, stellte sich bald als ein allwöchentlich wiederkehrender Albtraum dar. Allwöchentlich deshalb, da sich jede Woche ein neues Problem auftat: Entweder funktionierte das warme Wasser nicht oder das Internet oder es gab Einbrecher oder Ratten. Dazu muss man aber sagen, dass wir wirklich vom Pech verfolgt wurden, andere hatten überhaupt keine derartigen Probleme mit ihrer Mietsituation. Doch diese vermeintlich abschreckende Lage wurde wettgemacht durch alles andere, was ein Auslandsaufenthalt in Polen mit sich bringt. Die Erasmus-Menschen, das interessante Studium auf Polnisch und Deutsch, die Partys, die Stadt Łódź (oh ja!), szarlotka und sernik, überhaupt das ganze gute Essen, das erschwingliche Reisen.

Ich kann wirklich jedem empfehlen, mindestens einmal im Ausland zu studieren, nur wenige Dinge bringen dich so weiter wie in der Fremde das Leben meistern zu müssen und Land und Leute nicht nur durch die touristische Brille kennenzulernen. Und Polen eignet sich hierfür besonders: Gerade für Euro-Länder ist das Leben hier sehr günstig. Die große Gastfreundschaft ermöglicht durchgehend positive gastronomische Erlebnisse, kulturell ist immer etwas geboten und das Reisen innerhalb des Landes – unerlässlich, um ein Gastland besser kennenzulernen – ist selbst für Studierende sehr erschwinglich.

Das nächste Mal erzähle ich davon, warum gerade Łódź, eine von vielen Polen verkannte Stadt, sich besonders für ein Studium in Polen eignet. Was ist so besonders an ihr, dass viele ausländische Studierende ihre anfängliche Missgunst in glühenden Stolz auf ihre Heimatstadt auf Zeit verwandeln?

Ale ekstra!


Ähnliche Artikel