Sandra Schmidhofer

Sualia – Vier Frauen, ein Weg

Vier Stimmen, vier Persönlichkeiten, vier Frauen. Sie singen unter anderem Lieder aus Madagaskar, Sambia und Polen. Die Musikgruppe Sualia stellt sich vor.

Der schöne Weg

Als Emilia Niezbecka, Bibiane Zimba, Cornelia Pesendorfer und Sheila Schmidhofer zueinander fanden, stimmte die Chemie sofort. Mit unterschiedlichen Vorgeschichten, Erfahrungen und Liedern im Gepäck, starten sie ein neues musikalisches Projekt: Sualia – auf Madagassisch: schöner Weg. Musikstudium, jahrelange Bühnenerfahrung, Chorleitung – die vier Musikerinnen bringen unterschiedliche Zugänge und Erfahrungen mit. Diese Vielfalt ist spürbar, vor allem aber hörbar. Hauptsächlich a cappella und vierstimmig, ein bisschen Madagaskar, Sambia und Polen, vor allem aber viele eigene Ideen. Das macht Sualia aus.

 

(v.l.n.r.: Cornelia Pesendorfer, Emilia Niezbecka, Bibiane Zimba und Sheila Schmidhofer)

 

wenedi.eu: Anfang 2019 habt ihr die Gruppe Sualia gegründet. Was waren eure Wünsche und Visionen?

Bibiane: Ich hab einfach Lust gehabt, nach acht Jahren Musikstudium endlich mal mit anderen Menschen zu musizieren. Ich hab mich sehr darüber gefreut, ein Musikprojekt anzugehen, mit Leuten, wo die Chemie vom ersten Tag an gut gepasst hat.

Emilia: Für mich war es wichtig, dass da musikalisch etwas entstehen kann. Nicht nur, dass wir die Lieder vortragen, sondern dass wir vielleicht auch etwas zusammen schaffen können. 

Cornelia: Ich wollte mich musikalisch verändern, neue Wege gehen. Den traditionellen Liedern und Volksliedern, die ich bisher gesungen hatte, eine eigene Note verpassen. Eigene Ideen einbringen, neue Harmonien ausprobieren. Das war mein Wunsch.

Sheila: Bei mir war es ähnlich. Als ich uns gesehen habe, wie unterschiedlich wir sind, hab ich mir gedacht: Super, wir können vieles ausprobieren.

wenedi.eu: Wie würdet ihr eure Musik beschreiben? 

Bibiane: Traditionelle Musik, überwiegend aus Afrika, die wir versuchen, auf eigene Weise zu interpretieren.

Cornelia: Es ist vorwiegend afrikanische Musik, aber es ist auch polnische Musik dabei. Dann kommt da auch Bibis Einfluss, mit ein bisschen Pop und Jazz. Unsere Musik entsteht aus dieser Mischung und dem, was wir daraus machen.

Sheila: Ich persönlich würde unsere Musik nicht als traditionell bezeichnen. Wir verändern sehr viel, so dass Volkslieder am Ende oft ganz anders klingen. 

Emilia: Ich glaube, hier ist die Mehrstimmigkeit wichtig zu erwähnen. Dadurch, dass wir zu viert sind, suchen wir nach neuen Möglichkeiten, Harmonien zu bilden. Dadurch entstehen Harmonien, die so in den Liedern, die wir singen, nicht vorkamen. Das ist eine gemeinsame Arbeit an Liedern. Außerdem bringen wir auch eigene Kompositionen ein. 

Bibiane: Was uns vielleicht auch ausmacht, ist, dass es manchmal ein bisschen schräg ist und dadurch etwas Märchenhaftes hat. Als würde man einem Kind eine aufregende Gute-Nacht-Geschichte erzählen. Ich denke da vor allem an Sheila und Emilia, wenn sie über schlafende Hunde und Katzen erzählen. Es ist sehr lebendig.

wenedi.eu: Ihr singt in unterschiedlichen Sprachen. Wie fühlt sich das an? 

Emilia: Also ich frage eigentlich immer, worum es geht. Ich will wirklich alles wissen, auch was die einzelnen Wörter bedeuten. Manchmal sitze ich dann mit madagassischem Wörterbuch in der Hand da, um die Texte wirklich verstehen zu können.

Cornelia: Ich liebe es einfach, in verschiedenen Sprachen zu singen. Das Lernen der Lieder macht viel Spaß. Da gibt’s am Anfang sehr viele Eselsbrücken aus der eigenen Sprache, damit ich mir das merke und es richtig ausspreche. 

Bibiane: Ich arbeite in meinem Kopf sehr viel mit Farben und Bildern. Ich brauche nicht jedes einzelne Wort zu kennen. Ich habe mir am Anfang gedacht, es wird unmöglich sein, in diesen vielen unterschiedlichen Sprachen zu singen. Aber durch die ständige Wiederholung geht das dann eigentlich ganz gut.

Sheila: Ich sehe das ähnlich, wie Bibi. Ich habe nicht den Anspruch, jedes einzelne Wort zu verstehen. Mir reicht es, wenn ich ungefähr weiß, worum es geht. Es braucht Zeit, den Umgang mit einer neuen Sprache zu lernen. Ich tu mir zum Beispiel schon schwer mit der polnischen Aussprache. Das ist für mich etwas ganz Neues. 

Cornelia: Es ist sehr spannend, auf diese Weise eine neue Sprache zu lernen. Wenn man ein Lied öfters hört, dann pickt man sich ein paar Wörter heraus, die man kennt und glaubt zu wissen, worum es geht. aber oft ist es dann doch ganz anders. Weil ein Wort auch sehr viele verschiedene Bedeutungen haben kann. 

wenedi.eu: Nun ist ja nicht nur euer Musikprogramm vielfältig. Jede von euch bringt unterschiedliche Vorerfahrungen und Zugänge mit. Kann das auch herausfordernd sein?

Bibiane: Ja. Ich glaube generell, alles was eine besondere Stärke ist, ist gleichzeitig auch eine besondere Herausforderung. Wir sind vier sehr unterschiedliche Frauen mit unterschiedlichen Zugängen. Da ist es manchmal mehr Arbeit auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Aber diese Arbeit zahlt sich aus. 

Emilia: Ja, wir haben sehr verschiedene Hintergründe, aber wir haben auch viele Gemeinsamkeiten. Darauf können wir aufbauen.

wenedi.eu: Neben unterschiedlichen musikalischen Zugängen bringt ihr auch unterschiedliche kulturelle Hintergründe mit. Ist das spürbar?

Emilia: Kulturelle Hintergründe, das ist so allgemein. Wir kommen aus verschiedenen Ländern, wir haben verschiedene Vorerfahrungen, wir sind vielleicht in verschiedenen Umgebungen aufgewachsen. Das bringen wir mit, das spürt man. Aber ich denke, wenn man in einer multikulturellen Gesellschaft lebt, dann ist das einfach Alltag.  

Sheila: Wir haben die kulturelle Vielfalt ja schon in unserer Musik, für uns ist diese Vielfalt also Teil der Normalität. 

Bibiane: Also ich spüre schon gewisse Mentalitätsunterschiede zwischen uns. Man merkt auch, dass wir  in unterschiedlichen Lebensabschnitten sind. Und eben auch, dass wir alle woanders herkommen. Da kann es auch mal zu Missverständnissen oder Verständigungsschwierigkeiten kommen. Aber ich sehe das komplett wertfrei. Ich finde das bereichernd. Und wie schon gesagt, wir haben da die Musik im Zentrum, wo wir gemeinsam daran arbeiten und wo sich das dann sehr schön durchmischt, die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten.

wenedi.eu: Warum fürchten sich manche vor kultureller Diversität?

Sheila: Ich glaube, manchen fällt es schwer, das Eigene und Gewohnte zu verlassen. 

Emilia: Ja, manchmal geht es da um eigene Grenzen, aber es gibt auch gesellschaftliche Tendenzen, warum sich einige Gruppen von anderen abgrenzen. Da geht es sehr oft um Macht. Weil sie ihre Macht nicht verlieren wollen.

Bibiane: Ich glaube, dass es sehr vielen Menschen schwer fällt außerhalb ihrer Box zu denken. So eine Box, die man von klein auf gewohnt ist und an der nie jemand gerüttelt hat. Die für viele Menschen auch Stabilität und Sicherheit bedeutet. Egal ob es jetzt um unterschiedliche Kulturen geht, oder zum Beispiel um Frauen- und Männerrollen.

Cornelia: Ich glaube, dass das Hauptproblem darin liegt, dass man sich nicht kennenlernt. Das passiert aus Angst oder einfach nur aufgrund fehlender Möglichkeiten. So entstehen Bilder, die alleine auf Erzählungen oder Medienberichten basieren. Aber sobald Begegnung da ist und man jemanden kennenlernt, wird diese Angst immer weniger.

Bibiane: Wir leben in einer globalen Welt, wo trotzdem für gewisse Kulturen nur das stereotypische Bild da ist und kein vielseitiges Bild. Das führt zu Vorurteilen, die negativ behaftet sind, und die sind eine Barriere. Selbst wenn man sich begegnet. 

wenedi.eu: Wie überwinden wir solche Barrieren?

Cornelia: Vielleicht können wir, als Gruppe Sualia, dabei helfen. Manche Lieder, die wir singen, behandeln Themen, die alle Menschen betreffen. Egal wo sie herkommen. Vielleicht regt das zum Nachdenken an. Dass wir durch das Erzählen von solchen Geschichten an stereotypischen Bildern rütteln, die manche von uns vielleicht im Kopf haben. 

Sheila: Deswegen erklären wir, worum es in unseren Liedern geht. Da wir Lieder aus verschiedenen Ländern singen, ist es gut, auch die Botschaft dahinter zu vermitteln. So bekommt man einen Einblick in die unterschiedlichen Lebenswelten, die es auf der Welt gibt. Und bemerkt vielleicht, dass sich diese nicht immer fundamental von unserer eigenen unterscheiden.

wenedi.eu: Was können wir in Zukunft von Sualia erwarten?

Bibiane: Ich hoffe, dass wir die Lebensfreude und Gelassenheit, die durch die Coronakrise vielfach verloren gegangen sind, wieder aufleben lassen können. Durch die Energie, die entsteht, wenn wir miteinander musizieren. 

Emilia: Viele Konzerte. Auch außerhalb von Wien. 

Sheila: Genau. Wir wollen, sobald es wieder möglich ist, herumreisen und uns präsentieren. Aber auch jetzt, wo Konzerte erstmal nicht möglich sein werden, wollen wir die Zeit nutzen, Neues auszuprobieren. 

Cornelia: Damit man trotz aller Umstände weiter von uns hören kann. Man darf gespannt sein. 

 


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