Magdalena Willert

Wien für Soziale

Am Anfang wollte Karolina Kartus nur ihr neues Zuhause – Wien – besser kennenlernen. Was mit Freiwilligenarbeit im Flüchtlingsquartier anfing, ist zum neugegründeten Sozialunternehmen „Social Held“ herangewachsen: Eine Plattform, die zwischen Organisationen und VolontärInnen vermittelt.

 

Ankommen

„Es geht nicht darum, in welche Stadt man zieht, sondern darum, sich auf etwas komplett Neues einzustellen“, Karolina ist vor vier Jahren nach Wien gezogen. Die gebürtige Polin hat zuvor in Warschau, Berlin und Mailand gelebt. Für sie sind die ersten Monate in einer neuen Stadt die aufregendsten: Man reist nicht nur, man wohnt und entdeckt die Stadt so mit anderen Augen, als man es als TouristIn tun würde.

Karolina Kartus über ihren Neustart in Wien und die Inspiration für ihr Sozialunternehmen.

Diese neuen Eindrücke und Umstellungen haben auch Karolina geprägt: „Im Ausland zu leben macht dich definitiv aufgeschlossener, anders würde man es nicht überleben. Du musst dein Leben irgendwie neu aufsetzen.“ Das Umziehen ist die eine Sache, so die 30-Jährige. Die andere ist es, einen neuen Ort wirklich zu erleben und das meiste rauszuholen. Ihr ist klar geworden, dass sie hier eine Zeit bleibt, sich einleben, das Land, die Kultur und ihre Leute kennenlernen will. „Wenn du einmal da wohnst, hast um einiges mehr Möglichkeiten, das zu tun“. Für Karolina war es die Freiwilligenarbeit. Sie wollte dadurch neue Leute kennenlernen und ihre Freizeit für einen guten Zweck nutzen. Sie fing an, zwei Jungen aus dem Flüchtlingsquartier Englischnachhilfe zu geben. Dadurch lernte sie nicht nur die beiden Jungen und ihre Geschichten kennen, sondern auch einiges über das österreichische Schulsystem, mit dem sie sonst nie in Berührung gekommen wäre.

Der Weg dorthin gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht. Die Suche nach dem richtigen Verein, die Kontaktaufnahme bis hin zur Organisation der Tätigkeit beanspruchten einige Zeit. Die Branche ist noch sehr stark von Mundpropaganda* abhängig, die meisten Organisationen werden von Bekannten weiterempfohlen. Informationen zu regionalen Non-Profit-Organisationen lassen sich auch kaum im Internet finden. Dieses Problem hat Karolina und ihre Partnerin Aga Król zu ihrer Unternehmensgründung inspiriert.

*mündlich Weiterempfehlung

 

Social Held hilft helfen

Das aktuelle Programm von „Social Held“ ist seit einem Monaten online.

Auf der Website von „Social Held“ treffen seit einem Monat interessierte Volontäre auf Organisationen. Hier soll es so einfach wie möglich ablaufen: FreiwilligenarbeiterInnen erstellen ihr Profil und geben ihre verfügbare Zeit, ihre Interessen und Fähigkeiten an, und es wird die passende Organisation für ihre Bedürfnisse gefunden. Umgekehrt bietet die Website Organisationen einen digitalen Raum, um sich zu präsentieren. Individualisierung ist den Gründerinnen hierbei besonders wichtig: digital oder vor Ort, nur einmal im Monat oder pro Woche, leichte Tätigkeiten oder gelernte Berufe. Von dem/der Marketing Spezialisten/in, dem Lern- und Vertrauens Buddy, bis hin zum/zur EssensausgeberIn in Obdachlosenheimen – die Möglichkeiten, sich sozial zu engagieren sind vielfältig. „Das Wichtigste ist, dass beide Seiten profitieren, nicht nur eine.“ Karolina hatte nie das Gefühl, um sonst zu arbeiten. Manchmal hat sie sogar ein schlechtes Gewissen, weil sie so viel aus ihrer Arbeit gewinnen kann.

Die Corona Krise hat bereits gezeigt, was gesellschaftlicher Zusammenhalt und Engagement bewirken kann. Mit der #Nachbarschaftschallenge halfen tausende Freiwillige ihren Mitmenschen in der Risikogruppe beim Einkaufen, um die Gefahr einer Ansteckung zu verringern. Diese ehrenamtlichen HelferInnen will „Social Held“ jetzt weiterhin für den Freiwilligendienst begeistern, denn der wird auch außerhalb der Krise gebraucht.

Freiwilligenarbeit ist auch in der Geschäftswelt angekommen. Mit „Corporate Volunteering“ ermöglichen Unternehmen ihren MitarbeiterInnen einen Arbeitstag auf den Kosten der Firma für soziales Engagement zu nutzen. Das hat neben der Verbesserung des Firmenimages auch die Vorteile, dass MitarbeiterInnen neue Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen sammeln, sich persönlich weiterentwickeln und außerhalb ihrer Firmenwände noch etwas dazulernen können. „Beim Volunteering kommt man oft in Situationen, in denen man etwas mit begrenzten Gegebenheiten erschaffen muss. Man ist außerhalb seiner gewohnten Unternehmensstruktur und muss deshalb flexibel sein.“ Die Bewegung wurde vor allem in den USA groß. Der europäische Vorreiter ist Skandinavien.

Mit „Social Held“ wollen Karoline und ihre Partnerin Aga soziales Engagement auch in Wien vorantreiben und ihr Portfolio an Organisationen erweitern. „Freiwilligenarbeit ist was für alle. Ich bin mir sicher, dass jeder etwas finden kann, was Spaß macht und erfüllend ist.“

 


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