Julia Lenart

Die Albertina

Die Albertina ist eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt. Hunderttausende BesucherInnen aus aller Welt kommen, um Werke von Dürrer, Rubens, Picasso und vielen anderen zu bewundern. Den Grundstein für die heute unvergleichbare Kunstsammlung legten die Sammlertätigkeiten des habsburger Herzogs Albert und seiner Frau Maria-Christine.

Das Palais auf der Augustinerbastei

Die Geschichte der Albertina geht ins 17. Jahrhundert zurück. Ab 1650 stand auf der Augustinerbastei (zwischen Kärntner- und Burgbastion) der kaiserliche Bauhof. 1745 ließ Kaiserin Maria-Theresia diesen zu einem höfischen Verwaltungsgebäude umbauen. Wenige Jahre später gab sie ihrem Berater und engen Freund Don Emanuel Teles da Silva (Graf von Tarouca) die Erlaubnis, das Gebäude zu einem Palais auszubauen. Das nach dem Grafen benannte Palais Tarouca diente seinem Besitzer gleichermaßen als Wohnsitz als auch als Arbeitsplatz. Von den Fenstern seines Wohnhauses konnte er nicht nur bis zu den Hängen des Wienerberges blicken, sondern auch die SpaziergängerInnen in den Gassen der Stadt beobachten.

Die Albertina thront noch heute erhöht auf den Resten der Bastei

Die Kunstsammler Maria-Christine und Albert von Sachsen-Teschen

Es waren die Nachfolger des Grafen Tarouca, denen das Palais auf der Augustinerbastei seine wertvolle Kunstsammlung verdankt. Herzog Albert von Sachsen-Teschen hatte Maria-Christina, die Lieblingstochter Maria-Theresias, geheiratet (eine der wenigen Liebesheiraten, welche die Kaiserin gewährte).

Schon in den 1760er-Jahren begann Albert, damals noch Statthalter von Preßburg, Kunstwerke zu sammeln. Er sah es in seiner Verantwortung als aufgeklärter Herrscher, Kunstwerke für die Nachwelt zu erhalten. Maria-Christine war eine Kunstliebhaberin und malte selbst leidenschaftlich gerne. Das Paar reiste durch Europa, kaufte tausende von Kunstwerken an und erhielt bald den Ruf einer Kunstsammlerfamilie.

1780 wird ihnen (aufgrund des Ablebens von Herzog Carl von Lothringen) die Statthalterschaft der Niederlande übergeben, aufgrund derer sie sich im Schloss Laeken in Brüssel niederlassen. Durch die ausbrechenden Unruhen und die nahende Revolution muss das Paar 1792 flüchten. In drei Schiffen bringen Marie-Christine und Albert ihre enorme Kunstsammlung nach Wien. Unterwegs geht eines der Schiffe unter und tausende Kunstwerke versinken in den Fluten – ein schrecklicher Verlust für den passionierten Kunstsammler Albert.

Die Prunkräume geben einen Eindruck vom Leben der Habsburger im Palais

Maria-Christina lässt das Palais Tarouca vom Architekten Louis de Montoyer ausbauen, um hier Residenz zu beziehen. 1801 wird das Palais fertiggestellt (unglücklicherweise verstirbt Maria-Christine drei Jahre zuvor). Albert lässt das Gebäude für seine Kunstsammlung adaptieren. Es ist bei seiner Fertigstellung das größte Wohnpalais der Habsburger in Wien und heißt von nun an Herzog-Albert-Palais.

Weiterführung der Kunstsammlung

Nach dem Tod Alberts geht das Palais in den Besitz seines Adoptivsohnes Carl über, der es wiederrum seinem Sohn Albrecht vermacht. Unter Erzherzog Albrecht erfährt das Palais nach der Schleifung der Stadtmauer (die Augustinerbastei war schon im Krieg mit Napoleon 1809 stark beschädigt worden) bedeutende Umbauten. Da das Gebäude erhöht auf den Resten der Bastei stand, ließ Albrecht eine Auffahrtsrampe bauen; noch heute sticht die Albertina erhöht aus dem Stadtbild hervor. Der Platz vor dem Palais wurde nach dessen Bewohner Albrechtsplatz benannt (1920 wurde er in Revolutionsplatz umbenannt).

Albrechts Adoptivsohn Friedrich sollte nach dessen Tod (1895) der nächste Besitzer des Palais’ beim Augustinerkloster werden. Er stattete es mit Elektrizität aus und legte erstmals Pläne für ein Museum vor. Diese wurden aufgrund der unruhigen politischen Zeiten vorerst nicht verwirklicht. Nachdem der Erste Weltkrieg verloren war, verlor Erzherzog Friedrich beinahe seinen gesamten Besitz, unter anderem auch das Palais und die Kunstsammlung. Die Regelung des Fideikommis (von Herzog Albert bereits 1816 beschlossen) bewahrte die Sammlung vor der drohenden Veräußerung und gingen in österreichischen Staatsbesitz über.

Schwere Zeiten nach dem Niedergang der Monarchie

Die Kunstsammlung und das Herzog-Albert-Palais sollten nach dem Sturz der Monarchie (ebenso wie alles, was einst im Besitz der Habsburger war) nicht mehr an die ehemalige Herrscherfamilie erinnern. Die Sammlung wurde kaum betreut, nachdem sie in den Bestand der ehemaligen Hofbibliothek vereinigt worden war. Die Prunkräume des Palais‘ wurden zu Büroräumen zweckentfremdet, die Einrichtungen und Möbel wurden weggebracht, teilweise von Erzherzog Friedrich behalten, teilweise in alle Welt verkauft.

In den Zwischenkriegsjahren und während des Zweiten Weltkrieges verwahrloste die Kunstsammlung und das Haus zunehmend. Man war nicht an der Erhaltung des monarchischen Erbes interessiert. Erst in den Sechzigerjahren begann der damalige Direktor Walter Koschatzky die Sammlung wieder zu beleben.

Umfassende Renovierung in den 1990ern

In den Neunzigerjahren wurde das Museum generalsaniert. Die Planung begann bereits 1993, die komplette Fertigstellung und Wiedereröffnung erfolgten 2003. In diesem Rahmen wurden die Prunkräume renoviert, die ursprünglichen Möbel (welche Erzherzog Friedrich teilweise in alle Welt verkauft hatte) wurden zu Teilen in detektivischer Arbeit wiedergefunden und zurückgekauft. Zudem wurden neue Ausstellungsräume geschaffen. Der Künstler Hans Hollein wurde damit mit der Gestaltung eines Flugdaches vor dem Eingang der Albertina, dem „Soravia Wing“, beauftragt.

Der Soravia Wing vor dem Haupteingang der Albertina

Um über eine Million Kunstwerke zu bewahren, baute man die Lagerräume des Zentraldepots um. Seither ist dieses mit einer der weltweit modernsten Technologien ausgestattet. Bei 19 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit sind die Werke lichtgeschützt in säurefreien Kartons aufbewahrt. Das Lager ist vollkommen automatisiert; mithilfe von Robotertechnik und Barcodeerkennung können die Bilder von ihrem Lagerplatz zur Ausgabe befördert werden, wo sie von den RestauratorInnen in Empfang genommen werden. Auf diese Weise muss niemand das Depot betreten und schädliche Umweltfaktoren werden geringgehalten, um die kostbaren Werke zu schützen.

Die Kunstschätze der Albertina

Die Sammlertätigkeiten von Herzog Albert und seiner Frau Maria-Christine legten den Grundstein für das Kunstmuseum. Das Paar sammelte Werke aus ganz Europa, darunter Werke von Michelangelo, Dürer, Rubens und Bruegel, um nur wenige zu nennen. Der eigentliche Grundstein der Sammlung wurde 1776 in Venedig gelegt, wo Maria-Christine und Albert die vom österreichischen Botschafter Giacomo Conte Durazzo eine gewaltige Grafiksammlung (über tausend Kupferstiche) überreicht bekamen. Im Sinne dieses Deals steht die Verbreitung des aufklärerischen Gedankengutes, dem sich auch der aufgeschlossene Herzog Albert verschrieb.

„Kunst kann und muss mehr sein als nobles Amusement; sie ist eine sittliche Kraft, die der Mensch, um Mensch zu sein, nicht vernachlässigen dürfe; eine Sammlung habe daher zum Ziel, höchste Werte zu vereinen, um sie der Menschheit zu bewahren und darzubieten.“ (Giacomo Conte Durazzo)

Über die Jahrzehnte erweiterte sich die Sammlung. Mit der Sammlung Batliner kam 2007 ein umfangreiches Werk von KünstlerInnen der klassischen Moderne hinzu. Dazu zählen unter anderen Picasso, Miró, Monet, Renoire und Cézanne. Teile dieser Sammlung sind in der Dauerausstellung der Albertina zu sehen.

Die Albertina beherbergt eine umfassende zeitgenössisches Sammlung

Insgesamt verfügt die Albertina über eine umfassende graphische Sammlung (knapp 1 Million Druckgrafiken und Skulpturen), eine Architektursammlung (50.000 Objekte) und eine Fotosammlung (rund 100.000 Fotografien). Eine der letzten Anwerbungen war die Sammlung Essl (2017), eine der größten Privatsammlungen zeitgenössischer Kunst.

Heute ist die Albertina eines der meistbesuchten Museen Europas und verfügt über eine unvergleichliche Sammlung an Kunstwerken.


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