Sieglinde Woehrer

In Wien ohne Deutschkenntnisse?

In Wien reden nicht alle Menschen wienerisch und auch nicht alle deutsch. Einige sind nur für eine begrenzte Zeit in Wien, andere leben hier für immer, denn Wien ist eine Einwanderungsstadt.  Viele Bewohner von Wien sprechen nicht deutsch und finden ihre eigenen Mittel und Wege sich in der Stadt zu verständigen.

Kann man auch ohne Deutschkenntnisse gut in Wien leben?

Die meisten Menschen mit fremder Muttersprache in Wien stehen vor einer gemeinsamen Herausforderung: Siessen sich in einem anderssprachigen Land orientieren und zurechtfinden. Keine Deutschkenntnisse zu haben, kann in bestimmten Situationen viele Schwierigkeiten und Nachteile mit sich bringen.

Für Menschen, die sich ein neues Leben in Wien aufbauen, sind Deutschkurse oft die ersten Anlaufstellen, um soziale Kontakte außerhalb der Familie zu knüpfen. Sie sind auch der erste Schritt, um sich ohne Hilfe von anderen im Alltag verständigen zu können. Für viele dieser Menschen sind die Deutschkenntnisse zusätzlich wichtig, damit sie ihren Beruf in Österreich ausüben können oder überhaupt Chancen am Arbeitsmarkt haben.

Seit dem Jahr 1995 ist die Bevölkerung von Wien stark gestiegen. Bis zum Jahr 2019 sind 354.824 Personen in Wien geboren oder eingewandert. Es gibt sehr unterschiedliche Gesetze und Regelungen für die Einwanderung und das Leben von ausländischen Staatsangehörigen. Diese richten sich danach, aus welchen Ländern und aus welchen Gründen die Menschen in Österreich leben wollen. Anfang Jänner 2019 hatten ungefähr 30 Prozent der in Wien lebenden Menschen eine ausländische Herkunft, die sich auf 180 verschiedene Staatsbürgerschaften aufteilen. Insgesamt sind das 251.129 EU-BürgerInnen und 312.705 Angehörige von Drittstaaten.

Die Sprache ist für das Leben in Wien eines der wichtigsten Werkzeuge. Doch es gibt viele Menschen, die immer wieder mit kleinen Hürden und Problemen kämpfen, weil es Dinge gibt, die schwierig sind.

Für Migranten, die in Wien leben und nicht genug Deutschkenntnisse haben, um im Alltag gut zurechtzukommen, können auch banale Alltagssituationen zur Herausforderung werden. Sie können den Brief von der Behörde nicht lesen, sie verstehen nicht, welche Ankündigungen im Fernsehen gemacht werden. Sie können dem Postboten nicht erklären, dass die Pakete falsch zugestellt sind und dem Arzt nicht sagen, welche Hilfe sie brauchen.

Fehlende Sprachkenntnisse können auch Mitmenschen überfordern, was dazu führt, dass auf Nicht-Deutschsprechende weniger eingegangen oder abweisend reagiert wird. Manchmal werden sie falsch übersetzt oder sogar ignoriert und nicht ernst genommen. Dadurch werden Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse in vielen Lebensbereichen zwangsläufig von anderen abhängig.

Damit sich Sprachlernende im Alltag selbstständig verständigen können, brauchen sie das Sprachniveau B1. Neu nach Wien gezogene Menschen werden beim Deutschlernen unterstützt. Basisbildungskurse werden vom Europäischen Sozialfond und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gefördert.

Viele Zugezogene „WienerInnen“ lernen aus freien Stücken Deutsch und können sich schon nach ein paar Monaten fließend im Alltag unterhalten. Schwierig wird das Deutschlernen dann, wenn Menschen aufgrund ihrer Lebenssituationen sehr ungünstigen Bedingungen zum Sprachenlernen ausgesetzt sind. Etwa weil sie arbeiten müssen, sie schon sehr lange aus dem schulischen Lernprozess draußen sind oder sie Kinder oder Familienangehörige betreuen müssen.

Nach dem Integrationsgesetz (nach §4) stellt der Österreichische Integrationsfond (ÖIF) Deutschkurse bis zum Niveau B1 für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte ab dem vollendendeten 15. Lebensjahr zur Verfügung. Für diese Menschen sind die Deutschkurse gesetzlich verpflichtend.

In Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg müssen Migranten Deutschkenntnisse auf dem A2-Niveau nachweisen, damit sie eine geförderte Miet- oder Eigentumswohnung bekommen können. Dadurch haben Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse nicht nur persönliche Nachteile, sondern sind in manchen Bereichen des Lebens auch gesetzlich schlechter gestellt. Diese gesetzliche Schlechterstellung wird damit argumentiert, dass Deutschkenntnisse für ein friedliches Zusammenleben und eine erfolgreiche Integration notwendig wären.

Neben Nachteilen in gesetzlichen Verordnungen haben Menschen ohne ausreichende Sprachkenntnisse oft keinen Zugang zu sozialen Förderungen, weil sie durch die Sprachbarriere gar keine Informationen darüber erhalten, dass es diese Förderungen gibt. Deshalb sind schlechte oder gar keine Deutschkenntnisse auch oft mit finanziellen Nachteilen verbunden.


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