Julia Lenart

Der Wiener Prater

Der Prater ist eine der größten und beliebtesten Rückzugsorte der WienerInnen und darüber hinaus eine weltweit bekannte Touristenattraktion. Über die lange Geschichte dieses Ortes wissen jedoch die wenigsten Bescheid.

Die Ursprünge der Praterauen

Seinen Namen hat der Prater vom italienischen Adelsgeschlecht de Prato, welchem der Babenberger Herzog Friedrich I. im Jahre 1194 einige Wiesen im Bereich des heutigen Praters schenkte. Der Großteil der Auen war ab dem 13. Jahrhundert im Besitz der jeweiligen Landesfürsten. Weitere Teile gehörten dem Stift Klosterneuburg und der Stadt Wien.

Die Praterhauptallee wurde schon im 16. Jahrhundert angelegt

Im 16. Jahrhundert bauten die Habsburger die Praterauen zu einem Jagdforst aus. In diesem Rahmen wurden unter anderen die Kastanienalleen angelegt (dazu gehörte auch die heute 4,5km lange Praterhauptallee). 1592 beschränkte Rudolf II. den öffentlichen Zugang; wer in den Forst wollte, musste zuvor beim kaiserlichen Forstknecht um Erlaubnis ansuchten. Erst 1766 wurde diese Regelung durch Kaiser Joseph II. wieder aufgehoben, der den Prater zu einem allgemeinen Belustigungsort machen wollte. Zunächst öffnete er die Tore tagsüber im Sommer, später wurde der Zutritt zu allen Jahres- und Tageszeiten gestattet.

Die Geschichte des Wurstelpraters

Den Grundstein für den Prater, wie wir ihn heute kennen legte der Taffern-Micherl

Der Prater ist für seinen Vergnügungspark – im Volksjargon Wurstelprater – bekannt. Begründer des Wurstelpraters ist Michael Ainöther, genannt Taffern-Micherl. Er war ein kleinwüchsiger, buckliger Schankjunge, der jedoch für seinen Fleiß und seine freundliche Art bei den BürgerInnen Wiens bekannt war. Der Legende nach erschien ihm eines Nachts im Traum sein Urahn (der Riese Änother) und setzte ihm die Idee eines Vergnügungsortes für das Volk in den Kopf. 1603 schaffte es der Taffern-Micherl mit Hilfe von Spenden (auf einem Grundstück der Stadt Wien) im Prater ein Wirtshaus zu eröffnen. Der Betrieb war erfolgreich und wuchs schnell; eine Kegelbahn, Schaukeln und Marionettentheater wurden angebaut.

Von den Puppentheatern, in denen stets der Hanswurst (heute als Kasperl bekannt) auftrat, hat der Wurstelprater seinen Namen. Mit der Öffnung der Praterauen für die Allgemeinheit im Jahre 1766 vermischte sich die Klientel der beiden Freizeitorte allmählich und der Prater wurde zum Unterhaltungsort der breiten Masse.

Sensationsgier im 19. Jahrhundert

Bereits im 18. Jahrhundert wurden im Prater „abnormale“ Menschen (Riesen, Krüppel, siamesische Zwillinge, …) zur Schau gestellt, um die Sensationslust der Massen zu befriedigen. Die allmähliche Erschließung Afrikas und Amerikas durch Entdeckungsreisen weckte in den Menschen das Interesse am Exotischen. Im 19. Jahrhundert wurden zunehmend Völkerschaun in ganz Europa veranstaltet, bei denen man mit Kulturen aus aller Welt in Kontakt kam. 1896 wurde im Prater das Aschanti-Dorf eröffnet, wo aus Afrika importierte Sklaven lebten und gezwungen waren, allen Klischees der westlichen Vorstellung vom „Exotischen“ zu entsprechen. Die Gräben zwischen Vorstellung und Realität waren enorm, wie folgende Zitate zeigen:

„Die Vielweiberei steht hier auf dem Höhepunkte; der König besitzt 3333 Frauen, und diese kabbalistisch vierfache Dreierzahl muß immer voll erhalten werden. Die Aschanti-Neger sind eine kraft- und muthvolle Race, im Umgange sind sie sehr höflich und leutselig, aber der nie ausgehende Krieg mit den Nachbarn macht sie im höchsten Grade blutgierig.“ (Bericht im Illustrierten Wiener Extrablatt vom 18.8.1873)
„Wir dürfen nichts anziehen, Herr, keine Schuhe, nichts, sogar ein Kopftuch müssen wir ablegen. Wilde müssen wir vorstellen, Herr, Afrikaner. Ganz närrisch ist es. In Afrika können wir so nicht sein. Alle würden lachen.“ (Bericht eines Afrikaners aus dem Ashanti-Dorf, zitiert vom Autor Peter Altenberg 1896)

Ständige Weiterentwicklung der Attraktionen

Der Fantasie der Schausteller, Ingenieure und Tüftler war mit der fortschreitenden Industrialisierung (vor allem durch Erfindungen wie der Eisenbahn und der Elektrizität) keine Grenzen gesetzt. 1897 wurde das knapp 65 Meter hohe Riesenrad von den britischen Ingenieuren Walter Basset und Harry Hitchins zu Ehren des fünfzigsten Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs I. erbaut. Nach der Erfindung des Kinematographen durch die Gebrüder Lumière, eröffnete 1896 das erste Kino im Prater. Um die Jahrhundertwende wurden immer ausgetüfteltere Attraktionen entworfen, die die BesucherInnen stets aufs Neue in Staunen versetzen sollten.

Der Prater heute

Nachdem der Prater im Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerstört wurde, wurde er wiederaufgebaut und entwickelte sich – stets den aktuellen Trends folgend – weiter. Heute sind die weiten Wiesen und Wäldern der Praterauen  ein beliebter Rückzugssort für Jung und Alt.

Das Ernst-Happel-Stadion

Der Vergnügungspark bietet unzählige Attraktionen

 

Das 1931 erbaute Ernst-Happel-Stadion (früher Praterstadion) liegt an der östlichen Praterseite. In der Nähe befindet sich die Trabrennbahn Krieau, eine der größten Pferderennbahnen Europas. Im Westen bieten die Attraktionen des Vergnügungsparks seinen BesucherInnen ein abwechslungsreiches Programm; es gibt Geisterbahnen, Schießbuden, Achterbahnen, Karusselle und vieles mehr. Die unzähligen Essensbuden und Wirtshäuser sorgen darüber hinaus für das leibliche Wohl der BesucherInnen.


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