Julia Lenart

Hands up – eine Ausstellung der etwas anderen Art

Im Schottenstift bei der Freyung in Wien findet derzeit eine besondere Ausstellung mit dem Titel Hands up statt. Hier kann man in die Welt der Gehörlosen eintauchen und hautnah erfahren, wie es sich anfühlt, in – scheinbarer – Stille zu leben.

Erstmal Stille

Die FührerInnen, welche die BesucherInnen durch die Ausstellung führen, sind selbst gehörlos. Sie verpassen den TeilnehmerInnen zunächst einen doppelten Gehörschutz, damit sie wirklich nichts mehr hören. Es ist ein etwas bedrückendes Gefühl, wenn man plötzlich das eigene Blut in den Ohren rauschen hört und die Umwelt vollkommen verstummt. Während der Führung herrscht absolutes Sprechverbot – man kann sich ohnehin nicht hören. Aber man lernt schnell, sich mit der neuen Situation zu arrangieren: Kommunikation ist auch ohne Sprache möglich – und gar nicht so schwer.

Eine spannende Führung

Die Führung ist wirklich sehr informativ und unterhaltsam. Die TeilnehmerInnen lernen die wichtigsten Vokabeln der Gebärdensprache und erhalten einen erstaunlichen Einblick in das gehörlose Leben. Hören ist etwas so Selbstverständliches für die meisten Menschen, dass man sich kaum Gedanken macht, wie es denn wäre, ohne den Gehörsinn auszukommen. Wie merkt man beispielsweise, dass die Türglocke läutet? Oder der Wecker klingelt? Wie kann man eine gehörlose Person auf sich aufmerksam machen, ohne sie zu rufen? Kann man Musik wahrnehmen, ohne sie zu hören?

Die Antworten auf diese Fragen erfährt man am eigenen Körper bei der einstündigen Führung. Es ist eine wahrlich einzigartige Erfahrung.

Den Horizont erweitern

Die Schwierigkeiten, mit denen gehörlose Menschen im Alltag konfrontiert sind, regen zum Nachdenken an. Was für die meisten Menschen selbstverständlich ist, kann für Gehörlose eine Hürde sein; etwa das Bedienen einer Telefonzelle. Die Ausstellung zeigt auf, wie man im öffentlichen Raum Barrierefreiheit gewährleisten kann und was noch zu tun ist.

Außerdem wird in einem kurzen historischen Abriss die Geschichte gehörloser Menschen behandelt. Viele Jahrhunderte waren von Ausgrenzung geprägt; erst im späten 20. Jahrhundert begann ein Umdenken, wonach gehörlose Menschen endlich eine gleichwertige Stellung in der Gesellschaft zugestanden wird – zumindest zum Großteil.

Aber es gibt noch vieles zu tun! In erster Linie muss Aufmerksamkeit geschaffen werden; die Problematik muss in der Mitte der Gesellschaft ankommen, damit Ausgrenzung vermieden wird. Die Ausstellung Hands up leistet einen bedeutenden Beitrag zur Integration von gehörlosen Menschen. Grandios und absolut empfehlenswert!


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