Lenka S.

Lodz of Lenka

Die Frage, warum ich ausgerechnet in Łódź studierte, hörte ich öfter. Beeinflussen konnte ich diese Wahl des Studienortes zwar nicht, doch sie stellte sich letzten Endes als ein Glückslos heraus, das ich nicht gezogen hatte, am Ende jedoch gerne behielt.

Da die Universität Łódź die Partneruniversität der Uni Regensburg und ein Aufenthalt im zweiten Studienjahr dort vorgesehen ist, blieb uns wohl oder übel nichts anderes übrig, als dort auch zu studieren. Wir hatten nichts Gutes darüber gehört, wie auch, wenn den Polen schon seit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert eingeredet worden war, wie hässlich und verkommen Łódź doch sei.

Also kamen wir mit keinerlei Erwartungen an die Stadt, was sich als positiv herausstellte, da wir nicht enttäuscht werden konnten. Wir bauten uns einen Wall aus Argumenten pro Łódź auf, und je mehr wir durch Polen reisten, desto größer wurde dieser. Nach Łódź zurückkommen war irgendwann wie heimkehren. Ein paar Tage in den touristischen Städten wie Krakau, Warschau oder Gdańsk reichten jedes Mal aus, um uns noch ein Stück wohler in dieser unterbewerteten Großstadt zu fühlen.

Und das ist auch gleich eines der Hauptargumente für ein Studium in Łódź: der nicht bis kaum vorhandene Tourismus. Im Jahr 2013 zählten wir genau einen Touri-Shop in der Piotrkowska, und das war nicht einmal einer von denen, die alle die selben Tassen, T-Shirts und Schlüsselanhänger verkaufen wie beispielsweise reihenweise in Krakau. Vier Jahre später waren es schon zwei (!) dieser Läden.

Je weniger Touristen, umso besser!

Dass so wenige Touristen in Łódź sind, hat mehrere positive Nebeneffekte. Zum einen ist das Leben hier sehr viel preiswerter: Wohnen, Essen, Trinken, Freizeitvergnügen lässt sich noch ohne schlechtes Gewissen oder Abstriche in anderen Bereichen genießen.

Für die Sprachstudenten ist es ein Vorteil, dass weniger Englisch und mehr Polnisch gesprochen wird, da muss man dann einfach die Sprache lernen. Und weil die meisten StudentInnen lieber nach Krakau oder Warschau gehen, bemüht sich die Uniwersytet Łódźki besonders um die ihren – etwas, was man beliebteren Universitäten nicht nachsagen kann.

Bei einem Auslandsaufenthalt spielt aber normalerweise nicht das Studium die erste Rolle, sondern vor allem der Austausch mit internationalen Gleichaltrigen und das Kennenlernen des Gastlandes. Auch hierfür eignet sich Łódź besonders, da es erstens im Zentrum Polens liegt und so alle Ecken des Landes relativ gleich schnell erreicht werden können. Zweitens ist Łódź zwar in seiner Ausdehnung groß, doch es gibt nur wenige zentrale Orte, an denen man sich treffen kann. Ein großer Vorteil für Erasmus- und andere AustauschstudentInnen, denn dieser Umstand kann den Zusammenhalt fördern sowie mehr gemeinsame Erinnerungen kreieren.

Streetart und alternative Szene

Die großflächigen Wandgemälde, murals genannt, dürfen nicht vergessen werden zu erwähnen. Sie wurden von internationalen Streetart-Künstlern entworfen und gemalt, mit ihnen sollen alte Gebäude erhalten statt abgerissen, der industrielle Charme gestützt und Łódź noch bekannt werden.

Für alle, die gern abseits des Mainstream essen, trinken, feiern, shoppen, bietet Łódź eine große alternative Szene, die sich in der OFF Piotrkowska gern selbst feiert. Die OFF ist eine umfunktionierte, alte Fabrik – wie sie so viele in Łódź stehen – ausgestattet mit hippen Restaurants, Bars, Clubs, Ateliers und Läden wie Pan Tu Nie Stał (Tipp!!!). Eine inspirierende Atmosphäre herrscht hier, getränkt von dem Willen der vielen jungen Menschen, etwas aus ihrer Stadt zu machen. Meiner Meinung nach ist das durchwegs gelungen.

Ich könnte einen ganzen Roman über diese Stadt schreiben. Wer noch mehr lesen will, ist herzlich auf den Blog aus meinem Auslandsjahr eingeladen: lenkasause.tumblr.com.


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