Gerry Weichselbaum

Das letzte Hemd hat keine Taschen

In Österreich, besonders in Wien, hat man seit jeher ein besonderes, ein entspannteres Verhältnis zum Tod.

Allein die vielen Synonyme für das Sterben im Ostösterreichischen, in der Schriftsprache bei Weitem nicht so gut darzustellen wie im Gesprochenen, geben davon reiche Kunde: den Holzpyjama anziehen, ein Bankl reißen, den Löffel abgeben, die Patschen strecken, sich die Erdäpfel von unten ansehen.

Vielleicht am charmantesten ist die Aussage, jemand brauche beim 71er keine Rückfahrkarte mehr. Die Straßenbahnlinie 71, im Volksmund auch „Witwenexpress“ genannt, fährt nämlich zum Wiener Zentralfriedhof, dem mit rund drei Millionen Bestatteten größten Friedhof Europas. Wien ist nicht zuletzt Gründungsort und Sitz der European Federation of Funeral Services, einer europäischen Vereinigung für Bestattungsdienste.

Wo also, wenn nicht in Wien, sollte das erste Bestattungsmuseum der Welt angesiedelt sein?

Geschichte

Am alten Standort durfte das Museum nicht auf eigene Faust erkundet werden, sondern nur im Rahmen einer Führung. Heute ist das Museum modern und interaktiv gestaltet. Neben den Exponaten erschließt sich den Besuchern das Museum durch kurze Videos, Audiobeiträge sowie Touchscreens. Eine informativer und umfangreicher kostenloser Folder ergänzt die gezeigten Inhalte. Abgerundet und erweitert werden die Inhalte durch einen Audioguide, der zum Preis von 6,- Euro ausgeliehen werden kann.

Ausstellung

Im Museum werden verschiedene Wohnstätten für die Ewigkeit gezeigt. Das beginnt beim mehrfach verwendbaren „Klappsarg“, der unter Kaiser Joseph II. eingeführt wurde. Am Sargboden öffnete sich eine Klappe, und der Verstorbene plumpste, nur in einen Sack gehüllt, ins Grab. Ein besonderes Einzelstück ist der Sitzsarg: René Magritte nahm 1949 das Porträt „Madame Récamier“ von Jacques-Louis David aus dem Jahr 1800 als Vorlage und übermalte die sitzende Dame mit einem Sarg.

Eine neuere Idee ist der Erinnerungsdiamant, bei dem aus der Asche eines Verstorbenen in einem mehrmonatigen Prozess ein Diamant entsteht – Werbespruch: „ein Juwel von Mensch“. Weiters finden sich im Museum Eintrittskarten für das Begräbnis von Johann Strauß und eine Zeitungsannonce mit dem Text „große Fensteröffnungen für die Trauerfeierlichkeiten zu vermieten“.


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